Smart integration
Smart integration of renewable energy
Hochleistungselektronik von Windkraftanlagen auf dem Prüfstand
Ganz gleich ob Umwelt- oder netzseitige Einflüsse oder auch Wechselwirkungen zwischen den Systemen – die Hochleistungselektronik in Windenergieanlagen – Onshore wie Offshore – ist besonders hohen Beanspruchungen ausgesetzt. Um den Einfluss von klimatischen und elektrischen Belastungen auf die komplexe Elektronik und deren Lebensdauer unter realitätsnahen Bedingungen genau erforschen zu können, entsteht an der Universität Bremen derzeit eine entsprechende Test- und Versuchseinrichtung. An diesem Verbundprojekt „Multidimensionale Belastungen der Hochleistungselektronik von Windenergieanlagen“ – kurz „HiPE-WiND“ genannt – sind das Institut für elektrische Antriebe, Leistungselektronik und Bauelemente (IALB) der Universität Bremen und das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES) aus Bremerhaven beteiligt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt dieses Forschungsprojekt mit rund 11,5 Millionen Euro (Förderkennzeichen 0324219A/B). FREQCON hat sich im Rahmen einer Ausschreibung der Universität Bremen als Zulieferer für einen kompletten Prüfstand in Form einer leistungselektronischen Belastungsanlage beworben und den Zuschlag für die Zusammenarbeit erhalten.
Belastungsanlage aus 4 gleichartigen Einheiten
Künftig können an der Universität Bremen in einer dafür ausgelegten Klimakabine mit einem nutzbaren Prüfraum von etwa 171 m3 (Abmessungen: 5,3m x 4,3m x 7,5m) aktuelle oder neu entwickelte Umrichtersysteme von Windenergieanlagen unter genau definierten Umweltbedingungen, wie extreme Temperaturschwankungen, stark wechselnde Luftfeuchtigkeit sowie Kondensation, umfassend getestet werden. Darüber hinaus wird es auch möglich sein, Wechselwirkungen der verschiedenen mechatronischen Antriebsstrangsysteme untereinander sowie Netzbelastungen durch Spannungs- oder Stromstöße genau zu untersuchen. Dafür ist diese Belastungsanlage von FREQCON mit allen notwendigen Funktionalitäten ausgestattet und hinsichtlich Leistung und Betriebsspannung skalierbarer.
Unsere Aufgabe bestand darin, einen kompletten Prüfstand – eine leistungselektronische Belastungsanlage – inklusive des Zubehörs zur Prüfung der in Windenergieanlagen eingesetzten Frequenzumrichter mit Leistungen von 300 kW bis 10 MW zu konzipieren, zu installieren und demnächst die Inbetriebnahme vorzunehmen. Unsere Belastungsanlage simuliert sowohl das Verhalten des Generators der Windenergieanlage mit Frequenzen von 0 bis 70 Hz als auch des Stromnetzes. Um die geforderte Leistungsbandbreite möglicher Prüflinge flexibel bereitstellen zu können, musste die Anlage aus vier gleichartigen Einheiten mit einer Leistung von jeweils 2,5 MW aufgebaut werden. Diese Einheiten sind in der Lage, den Prüfling durch Parallelschaltung mit der geforderten Leistung zu belasten. Eine besondere Anforderung war, dass die netzseitigen Umrichter und die Umrichter auf Generatorseite jeweils synchron agieren müssen.
6 Kilometer Kabel und 104 Schaltschränke
Der Startschuss für die Umsetzung fiel direkt nach der Kickoff-Besprechung mit allen Projektverantwortlichen der Universität Bremen im November 2019: Die Anlage wurde auf Basis der gestellten Anforderungen konzipiert und in Rethem weitestgehend vorgefertigt. Darüber hinaus waren vor der Montage der Belastungsanlage in der Forschungshalle des IALB einige vorbereitende Arbeiten nötig: Ein Kooperationspartner errichtete in enger Abstimmung mit uns eine aufwändige Stahlbaubühne mit 2 Etagen, die aufgrund der beengten Platzverhältnisse erforderlich war. Außerdem verlegte unser Montageteam rund 6 km Kabel und baute 104 Schaltschränke auf, in denen die Umrichter-Technologie für den Prüfstand installiert ist, auf. Kurz vor Jahresende konnte auch der Test für die Funktionsfähigkeit der Systeme durchgeführt werden. Insgesamt ein straffes Programm vor Ort in Bremen, das in nur 9 Wochen absolviert wurde. Nun finden in den nächsten Wochen die Integration und Tests der Hard- und Software-Systeme sowie die Installation der Kühlanlage statt. Sobald die Abnahme der Anlage erfolgt ist, kann der Prüfstand seine Arbeit aufnehmen. Das wird voraussichtlich im Juni 2021 so weit sein.
Simulation der Lebensdauer
Ziel der Forscher ist es die Stromrichter unter reproduzierbaren, kombinierten klimatischen und elektrischen Lastbedingungen zu untersuchen. Die hierbei festgestellten Ausfallmechanismen sollen erforscht und Konzepte für eine Optimierung der Robustheit entwickelt und verifiziert werden. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung von Modellen zur zeitlich beschleunigten Alterung aller Umrichterkomponenten im Prüflabor und damit die beschleunigte Analyse der Systemlebensdauer. So soll in wenigen 1.000 Stunden die komplette Lebensdauer von 20 Jahren simuliert werden können. Anhand der Ergebnisse soll es möglich sein, Schwachstellen schon frühzeitig in der Entwicklung zu erkennen, Konzepte für robuste Komponenten zu entwickeln, die Betriebsdauer der Elektronik zu verlängern und Betriebsausfällen vorzubeugen. Schließlich ist die eingebaute Leistungselektronik das zentrale Element der Windenergieanlagen, die einen reibungslosen Betrieb ermöglicht.